Tipps zum nachhaltigen Reisen

Die Deutschen sind Reiseweltmeister. Nicht einmal die US-Amerikaner geben annähernd so viel für Urlaub aus - obwohl sie mit 300 Millionen Einwohnern dreieinhalbmal mehr sind als die Bundesdeutschen. Damit unsere Reisewut zum Segen und nicht zum Fluch für den Globus wird, sollten wir uns ein paar Gedanken über die Nachhaltigkeit von Reisen machen.

Autor*in Jenny Louise Becker, 12.01.08

Übersetzung Rima Hanano:

Unter nachhaltigem Reisen wird heute viel verstanden; sei es, dass man gezwungenermaßen eine Kerosinsteuer auf’s Flugticket zahlt, freiwillig „klimaneutral“ fliegt, indem man Organisationen wie „atmosfair“ Gelder zahlt oder Ökohotels bevorzugt.

Die Definition von nachhaltigem Tourismus der Umweltdatenbank lautet:

„Als nachhaltig wird Tourismus dann angesehen, wenn er einen Umgang mit allen Ressourcen in einer Art und Weise ermöglicht, dass ökonomische, soziale und ästhetische Bedürfnisse erfüllt werden können und gleichzeitig die kulturelle Integrität, essentielle ökologische Vorgänge und die Biodiversität erhalten bleiben.“

Diese legt neben dem Natur- und Artenschutz auch den Interessenschutz der Einwohner des Feriengebietes zugrunde. Es wird schon deutlich: Nachhaltig Reisen kann man weniger und mehr!

Siegel für nachhaltigen Tourismus

Im Tourismus gibt es eine unübersichtliche Anzahl von regionalen, nationalen und internationalen Umweltzeichen. Doch anders als bei Biolebensmitteln sind die meisten touristischen Siegel, wie etwa die EU-Blume, die u.a. umweltorientierte Unterkünfte/Campingplätze in Europa kennzeichnet, oder ibex fairstay (ehemals Steinbock-Label), bislang wenig bekannt.

Ein guter Ansatz in Deutschland ist die Dachmarke Viabono, die für umweltorientierte Hotels, Gaststätten, Campingplätze und Tourismusgemeinden steht.

In Österreich hat sich vor allem das österreichische Umweltzeichen im Tourismus durchgesetzt. Bereits mehr als 200 Betriebe, darunter Hotels, Campingplätze, Berghütten und Restaurants sind mit dem Siegel als nachhaltige Betriebe ausgezeichnet.

Einen ähnlich vielversprechenden Weg geht auch das Siegel „CSR-Tourism-Certified„.

CSR steht für Corporate Social Responsibility. Dieses Nachhaltigkeitssiegel testet, wie umweltfreundlich und sozialverträglich ein Veranstalter wirtschaftet. Entwickelt wurde das CSR-Siegel vom Verband für nachhaltigen Tourismus (forum anders reisen), der Kontaktstelle für Umwelt & Entwicklung (KATE) und einem unabhängigen Zertifizierungsrat (TourCert). Im CSR-Prozess wird das komplette Unternehmen auf Nachhaltigkeit getestet, nicht nur einzelne Angebote. Gecheckt werden Papierverbrauch im Büro, über die Art der Anreise, den sorgsamen Umgang mit Müll, die Art der Energieversorgung bis zu den angemessenen Lohnzahlungen der Beschäftigten und der CO2-Bilanz pro Reisendem.

Der Ökologische Verkehrsclub Deutschland gibt einen guten Überblick über Gütesiegel für einen umweltfreundlichen Urlaub und ausführliche Informationen zu Aktivitäten bezogenen Siegeln wie Wanderwegen und Radrouten.

Was kann der nachhaltig Urlaubswillige tun?

Die bereits existierenden Siegel können als Anhaltspunkt verwendet werden, doch sollte dies eine kritische Betrachtung des Urlaubsangebots nicht ersetzten. Umweltrelevante Informationen kannst du ggf. auch direkt beim Anbieter erfragen.

Ein paar grundsätzliche Entscheidungen für umweltverträgliches Reisen lassen sich auch schon bei der Planung treffen:

  • Weniger fliegen! Vor allem die immer häufigeren und längeren Flugreisen wirken sich besonders klimaschädigend aus, weil Abgase in üblichen Flughöhen eine etwa 4-fache Treibhauswirkung in Vergleich zu bodennahen Abgasen haben. Strecken unter 600 km auf dem eigenen Kontinent kann man auch bequem in (Miet-) Auto oder besser, mit der Bahn zurücklegen. Wer das Fliegen nicht vermeiden kann, hat die Möglichkeit, über Atmosfair.de die Höhe des CO2-Ausstoßes eines Fluges auszurechnen. Den ermittelten Betrag kann man direkt an Atmosfair spenden – oder auch in jedes andere Klimaschutzprojekt investieren.
  • Warum in die Ferne schweifen? Entdecke die Möglichkeiten, in den zahlreichen Naturschutzgebieten Europas Wander-, Rad-, oder Klettertouren zu machen. Wie wär’s z.B. mit einem Kanutrip durch deutsche Gewässer mit Treibholzreisen? Oder gönne dir mit Viabono Radtouren mit anschließender Kneipp-Kur oder Entspannungs-Wellness. Viabono ist von der Bundesregierung gefördert und gilt als Top-Adresse im Naturreisen-Angebot. Hier findest du vertrauenswürdige Top-Adressen unter Bio-Bauernhöfen, Reiterferien-Anbietern uvm. Weitere Tipps zu deutschlandweiten Reisezielen findest du in dem Artikel Grüne Ferien – Landluft für die ganze Familie.
  • Wähle Hotels und Unterkünfte aus, die klar Stellung nehmen zu ihrem Umwelteinfluss und den Arbeitsbedingungen. Dazu zählen u.a. Müllmanagement, der Vorzug lokaler Biolebensmittel, faire Löhne, ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen wie Wasser, Energie etc. und der Einsatz erneuerbarer Energien.
  • Finde so viel wie möglich über den Urlaubsort heraus – Geschichte, Kultur, Natur, Gewohnheiten – um ein Gefühl für Land und Leute zu bekommen. Außerdem: ein paar Worte in der Landessprache öffnen Türen und Herzen.

Tipps für Unterwegs

  • Auch vor Ort: Gib Fahrten mit dem Rad und öffentlichen Verkehrsmitteln Vorrang.
  • Kaufe lokale Produkte und nimm lokale Services wahr. Mit lokalem Essen und Kunsthandwerk und ortsansässigen Tourguides unterstützt du die Gemeinschaft vor Ort und bekommst Einblicke in die Kultur des Landes. In einigen Ländern mit politisch fragwürdiger Führung sollte zudem darauf geachtet werden möglichst wenig die staatlichen Betriebe zu nutzen, sondern auch auf private Anbieter im Bereich Transport, Unterkunft usw. zurückzugreifen.
  • All-inclusiv-Angebote sind für Gastgeberländer wenig gewinnbringend. Zwar locken derlei Angebote oft mit günstigen Preisen, können für die Urlaubsländer aber sogar schädlich sein, da sie die einheimische Bevölkerung zu einem erheblichen Teil von den Einnahmen aus dem Tourismus abschneiden.
  • Achte darauf, keine Dinge zu kaufen, die aus raren natürlichen Ressourcen gemacht sind oder für die bedrohte Tierarten gejagt wurden. Mehr dazu erfährst du in dem Artikel Augen auf beim Souvenirkauf
  • Die Aktivitäten im Urlaub sollten an die örtlichen Bediungungen angepasst sein. Vom Golfspielen in trockenen Wüsteregionen, Motorcross-Touren in üppige Regenwälder oder einsame Bergregionen ist genauso abzuraten wie vom Jetskifahren in Mangrovenwäldern.
  • Respektiere die Umwelt und Natur. Reduce, reuse and recycle!

Für entferntere Reiseziele lassen sich einzelne Anbieter empfehlen:

  • viventura für Südamerika gestalten Reisen im engen Kontakt mit der Kultur und Bevölkerung eines Landes, und ferner wird von solchen „Abenteuer-“ oder Naturreiseveranstaltern der Support von sozialen Projekten in den betreffenden Ländern betrieben und auch angeboten.
  • Dr. Koch Tours wirbt mit „Sanftem Tourismus“ seit 30 Jahren und bietet ein vielseitiges Bildungs- und Entspannungsprogramm an von Botanik über Kultur bis Yoga. Die Reisen werden sowohl in Deutschland als auch für einige andere Länder mit Schwerpunkt Türkei angeboten und zeichnen sich durch nachhaltige, sozial-verträgliche Strukturen und Management aus. Die örtlichen kulturellen Besonderheiten werden dem Touristen nähergebracht und auf Umwelt- und Kulturthemen wird viel Wert gelegt.
  • ContrastTravel bietet nachhaltige Studien- und Wanderreisen in Klein- und Minigruppen an. Das Hauptziel ist Island, aber auch Norwegen und Albanien sind im Angebot.
  • Das Forum Anders Reisen fasst mehrere Anbieter zusammen und bietet einen guten Überblick mit Hintergrundwissen zum nachhaltigen Reisen.

Tipps und Anbieter

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