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Klimastreik unter Corona-Bedingungen auch in Halle

„Die Fichte stirbt im Teuto“

Halle (WB). Mit Kreide aufgemalte Kreuze zeigen auf dem Ronchinplatz, wo die Demonstranten stehen dürfen, um Abstände einzuhalten. „Trotz der Coronakrise geht auch die weltweite Klimakrise weiter“, sagt Maj Nike Ostholt aus Hesseln. Natürlich erschwere Corona das Demonstrieren für den Klimaschutz. „Aber dieses wichtige Thema ist es mir wert, dass ich trotz Corona auf die Straße gehe“, betont die Zwölfjährige.

Kerstin Eigendorf

Nach der Versammlung auf dem Ronchinplatz mit Musik und Reden ziehen die Demonstranten durch Halle, um unter anderem den Kohleausstieg bis 2030 sowie Klimaneutralität bis 2035 in Deutschland zu fordern.
Nach der Versammlung auf dem Ronchinplatz mit Musik und Reden ziehen die Demonstranten durch Halle, um unter anderem den Kohleausstieg bis 2030 sowie Klimaneutralität bis 2035 in Deutschland zu fordern. Foto: Kerstin Eigendorf

„Auch hier wird immer alles verschoben.“

Ihr geht es wie knapp 150 anderen, die am Freitag dem Ruf der Ortsgruppe Halle von Fridays for Future gefolgt sind. „Die Corona-Krise zeigt, dass unsere Regierung entschlossen handelt, wenn sie will. In Sachen Klima tut sie es nicht“, ruft Organisator Tobias Rüter den Menschen zu. Einen Seitenhieb in Richtung der lokalen Politik lässt er sich nicht nehmen. „Auch hier wird immer alles verschoben“, behauptet er. Schließlich habe die Ortsgruppe mehrfach Anliegen im Stadtrat eingebracht. „Kleinigkeiten zu verändern reicht aber nicht.“ Immer wieder würden sie für ihr Engagement gelobt. „Es deprimiert allerdings, wenn man so viel Energie und Zeit aufwendet und sich dann nichts tut.“ Kein Grad weiter sei nicht bloß ein Slogan, sondern bitterer Ernst. Der anwesende Bürgermeisterkandidat Thomas Tappe (CDU) hört aufmerksam zu.

Was Tobias Rüter mit Schlagworten wie Klimaerwärmung oder Waldsterben beschreibt, bricht Hartmut Lüker auf die Region herunter. „Die Fichte stirbt im Teuto, weil Regen fehlt. Der Buche geht es ähnlich. Unser heimischer Wald verabschiedet sich. Ausgewachsene, alte Fichten wird es hier bald nicht mehr geben.“

Eine andere Demonstrantin wird ebenfalls konkret. Die Storck-Erweiterung sei das beste Beispiel, dass Klimaschutz hintenan gestellt werde. „Dabei wird immer erzählt, dass sich die Politik so schwer getan hat, solche Entscheidungen zu treffen.“ Das sei Blödsinn. „Es wäre einfach gewesen, Nein dazu zu sagen.“

Auch eine Sechsjährige weiß schon Bescheid

Es ist der erste große Klimastreik von Fridays for Future in Corona-Zeiten. Anfang des Monats wurde zu einer kleineren Aktion auch in Halle aufgerufen. Er ist Teil eines globalen Protestaufrufs zum Klimaschutz. 3200 Ortsgruppen beteiligen sich weltweit. Während sich in Halle knapp 150 Menschen versammeln, sind es in Berlin mehr als 20.000, in Köln 10.000 und in Frankfurt 3500.

Auch die sechsjährige Lara ist dabei in Halle. Auf die Frage, was ihr denn so zum Stichwort Klimakrise einfalle, kommt prompt: „Die Bäume sind so trocken wegen des Borkenkäfers und weil es zu wenig Regen gibt.“ Die Erstklässlerin weiß Bescheid. Kein Wunder: Ihre Großeltern Angelika und Hartmut Lüker wollen ihr „vorleben, was Klimaschutz bedeutet“, sagt ihre Oma. Müll sammeln und Trennen und Fahrrad statt Auto seien dabei nur einige Beispiele.

Familien mit kleinen Kindern stehen neben älteren Herrschaften mit Rollator, zwischendurch bellt ein Hund. Dann meldet sich ein selbst ernannter „alter Knopf“ zu Wort. „Ihr habt meine Generation beschämt und damit erreicht, dass wir etwas verstanden haben“, ruft er ins Mikro. Es folgt langer Applaus.

Und genau diese Form des Aufrüttelns ist einer der Gründe, weshalb Marianne Hoppe von Unicef Tobias Rüter und Fynn Horstmannshoff stellvertretend für die Ortsgruppe Halle der Fridays for Future den mit 500 Euro dotierten „Human Itelligence Award für ökologische Kinderrechte“ verleiht.

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