HalleBesetzung im Storck-Wald: Aktivisten haben Aktion seit Monaten geplant

Jonas Damme, Melanie Wigger

Aktivisten im Storck-Wald - © Heiko Kaiser
Aktivisten im Storck-Wald © Heiko Kaiser

Halle. Am zweiten Tag ihrer Besetzung haben sich die Aktivist*innen von "Extinction Rebellion" und "Ende Gelände Bielefeld" im Storck-Wald - nach dem Steinhausener Weg "Steini" getauft - eingerichtet. In sieben Bäumen, meist hohen Buchen, haben sie "Strukturen" geschaffen, wie sie es selbst formulieren. Mindestens drei davon sind ununterbrochen bewohnt.

Aktivist Pekehutu (seinen Taufnamen verrät keiner der Besetzer*innen) berichtet im Gespräch mit dieser Zeitung, dass die erste Nacht in der Hängematte in vielen Metern Höhe gut auszuhalten gewesen sei. Je nachdem, ob und wann geräumt wird, könnten noch einige dazu kommen. Alle Baumkletterer sind mit professioneller Ausrüstung gesichert. Pekehutu erklärt, auch eine entsprechende Ausbildung zu besitzen.

Entgegen der Kritik, die unter anderem in sozialen Medien geäußert wird, handelt es sich bei den Besetzern zu großen Teilen nicht um "Krawallmacher" aus anderen Teilen Deutschlands. Die meisten von ihnen kommen aus der Region, viele sogar aus dem Altkreis. Auch Pekehutu hat die Diskussion um den Storck-Wald nach eigener Aussage schon länger verfolgt.

Im Hintergrund: Auch die Polizei ist vor Ort. - © Jonas Damme
Im Hintergrund: Auch die Polizei ist vor Ort. (© Jonas Damme)

Spaziergänger suchen das Gespräch mit Aktivisten

Wie eine Aktivistin von "Ende Gelände" erläuterte, sei der Plan, den Waldabschnitt zu besetzen, schon vor mehreren Monaten gereift und keine spontane Aktion. Was die vollkommene Verhinderung der Rodung angehe, sei man realistisch, aber es gelte, Aufmerksamkeit auf die Tatsache zu lenken, dass hier ausgewachsene Bäume wirtschaftlichen Interessen zum Opfer fielen. Viele Spaziergänger kamen mit den überwiegend jungen Aktiven bereits ins Gespräch.

Fridays for Future Halle hat zusammen mit anderen Engagierten unterdessen eine Mahnwache mit Infrastruktur in der Nähe eingerichtet. An einem Solar-Anhänger können Mobiltelefone und andere Geräte geladen werden. Auch die Nachbarschaft zeige sich in großen Teilen solidarisch, wie ein Anwohner im Gespräch erläuterte. Die Polizei ist derweil durchgängig mit mehreren Streifenwagen vor Ort.

Kritik im Netz

Wenig Sympathie für die Aktion spiegelt sich im Netz. Auf Facebook betrachtet die Mehrheit der Kommentator*innen das Vorgehen kritisch. Von "Ökofaschisten" und "typischen transferleistungsbeziehenden Umweltschützern" ist die Rede. "Noch nichts im Leben geleistet, aber anderen die Zukunft verbauen wollen", heißt es. Bemängelt wird unter anderem, dass dabei nicht an zukünftige Arbeitsplätze gedacht werde, die durch die Storck-Erweiterung entstehen sollen. "Storck produziert ausschließlich in Deutschland, nicht im billigen Ausland, und schafft es, in einem Hochlohnland Gewinne zu erwirtschaften und gut bezahlte Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten und zu erweitern. Das wollt ihr nicht? Tut mir leid, aber dafür habe ich kein Verständnis", ärgert sich ein Haller.

Angezweifelt wird außerdem, ob die Protestler*innen den Wert des Unternehmens für Halle kennen und wie viele von ihnen überhaupt aus der Region kommen. "Der Protest ist nichts anderes als Protesttourismus", kommentiert ein Haller: "Heute Braunkohletagebau, morgen Tesla, übermorgen halt Storck."

Hinterfragt wird zudem, warum nicht andere Probleme angegangen würden - wie zum Beispiel die Fichten-Monokultur in der Region. "Aber ein Protest gegen Waldbauern ist vielleicht nicht so öffentlichkeitswirksam. Oder warum hängen sie sich nicht in den brasilianischen Regenwald, protestieren gegen chinesische Staudammprojekte ...?"

Eine Frau nimmt die Aktivisten hingegen in Schutz: "Warum sollen denn die, die sich schon für ein Thema so stark engagieren, auch noch alle anderen Probleme angehen?" Sie habe manchmal das Gefühl, dass man der Gesellschaft als Aktivist erst dann genüge, wenn man alle kritischen Themen dieser Erde bearbeitee. Unterstützende Reaktionen wie diese sind bislang in der Unterzahl.


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